Zu den WG-Castings wird noch etwas verhalten darüber gesprochen, es kommt zu Fragen wie „Stand nicht in eurer Anzeige, es wär eine 5er-WG? Warum seid ihr zu Dritt?“. Es erscheint ein bisschen geheimnisvoll. Man möchte es fast mystisch nennen. Doch sobald der Neueinzug aufgenommen worden ist, werden am ersten Abend die Geschichten ausgepackt, die Legenden erzählt, und bei jedem dieser Abende kommen neue Details und Anekdoten hinzu. Niemand weiß mehr, was wirklich wahr ist, aber das spielt auch schon längst keine Rolle mehr.
Denn das Phantom lebt ein Leben abseits des WG-Trubels. Niemand sieht es kommen oder gehen, manchmal hört man noch das Zufallen der Tür, aber dann ist es schon verschwunden. Ob es nun den ganzen Tag im Zimmer verbringt oder non-stop unterwegs ist – Hinweis darauf geben, wenn man Glück hat, oftmals nur die Jacke an der Garderobe oder die Schuhe im Flur.
Rätselspaß
Die ganze WG rätselt mitunter über die Identität des Phantoms. Die MitbewohnerInnen haben inzwischen so häufig gewechselt, keiner weiß mehr mit Sicherheit, ob er oder sie es überhaupt persönlich kennt. Einzig und allein die Tatsache, dass sich die Wohnungsgesellschaft noch nicht beschwert hat, dass ein Teil der Miete nicht überwiesen wurde, birgt die Gewissheit, dass es noch da ist. Aber solange der Putzplan eingehalten und Vorräte aufgefüllt werden, solange der Geschirrspüler ausgeräumt und die Miete rechtzeitig bezahlt wird – solange darf das Phantom auch Phantom sein und wird akzeptiert, wie es ist.
Privatsphäre, Unabhängigkeit, Freiheit
In Ordnung, bringen wir es auf den Punkt: Diese Art von MitbewohnerIn ist nicht sehr gesellig. Privatsphäre, Unabhängigkeit, Freiheit – was es auch sein mag, es genießt bei ihnen einen besonders hohen Stellenwert. Gemeinsames Kochen und Serien schauen sind hier in etwa so wahrscheinlich wie der Sieg der Avengers über Thanos* – letztendlich zwar möglich, aber um welchen Preis?
* 14.000.605 : 1