Auf dem Schlachtfeld der Liebe

Kurz und knapp

Stell dir vor, du kämpfst auf dem Schlachtfeld der Liebe: Der Verein „lebensart“ in Halle setzt sich für geschlechtlich-sexuelle Identität ein und möchte Diskriminierung abbauen. Mit Bildungsarbeit, Veranstaltungen und Schulungen fördert er Toleranz und Akzeptanz. Ehrenamtliche sind immer willkommen, um diese wichtige Arbeit zu unterstützen. Erfahre mehr über ihre Bemühungen und wie du helfen kannst.

Lebensart

„Früher ging es vornehmlich um Homosexualität, heute drehen sich 80 Prozent unserer Beratungsanfragen um Geschlechtsidentitäten.“ So spricht Ants Kiel, Jahrgang 1966 und Gründungsmitglied des Vereins „lebensart“. Das Begegnungs- und Beratungszentrum für geschlechtlich-sexuelle Identität ist für Halle und für die südlichen Landkreise Sachsen-Anhalts zuständig. „Wir wollen Diskriminierung abbauen und vorbeugen“, so Kiel. Also leistet er zusammen mit seiner Kollegin Babett Jungblut Bildungsarbeit.

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Man fährt an Schulen, im Zentrum in Halle, in der Beesener Straße 6, wird der jährliche Christopher Street Day vorbereitet. Angeboten werden zudem Weiterbildungen für alle, die beruflich zwischenmenschliche Kontakte pflegen. Kiel erzählt: „Wir kommen schon mal auf mehr als 100 Veranstaltungen im Jahr. Ich wünsche mir aber, dass noch mehr Lehrkräfte, Schulverantwortliche, Einrichtungen, Unternehmen, bis hin zu Mitarbeitenden der Altenhilfe, ihre Scheu vor geschlechtlich-sexueller Vielfalt überwinden. Wir bieten gern Schulungen, Vorträge und Workshops an.“

Anerkennung und Toleranz

Und es gibt einiges zu tun. Zuerst die Fakten: In den einvernehmlichen Leidenschaften Erwachsener gibt es keine Hierarchie der Natürlichkeit. Liebe zwischen Gleichgeschlechtlichen ist genauso natürlich wie die Liebe zwischen Mann und Frau. Zudem gibt es transgeschlechtliche Menschen, die sich nicht mit ihrem angeborenen Geschlecht identifizieren, und nicht-binäre Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau empfinden. Und alle haben die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

Kiel betont: „Es gibt erzkonservative, weit rechts sowie fundamentalistisch-religiös eingestellte Menschen, die auch hierzulande wieder Unsichtbarkeit, Entrechtung und eine Bildung der Einfalt anstreben.“ Dennoch ist Kiel in Bezug auf Deutschland vorsichtig optimistisch, „dass es ein Zurück in die bleiernen Jahrzehnte vor über 40 Jahren oder gar in die lebensgefährliche Zeit von vor 80 Jahren nicht geben wird.“

Kiel, der auf der „lebensart“-Homepage eine mehr als 40-seitige Informationsbroschüre veröffentlicht hat, berichtet energisch: „Oft ist es die fehlende Akzeptanz im Umfeld, die es den Menschen schwer macht. Versteckt man seine Bedürfnisse über Jahre hinweg, nimmt der Körper und auch die Seele Schaden.“ Fragte man sich vor 30 Jahren oft noch, ob man selbst etwas falsch gemacht habe, wenn man sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlte, sind Homo- und Bisexualität heute gesellschaftlich weitgehend anerkannt.

Kiel schränkt aber ein: „Die meisten Menschen können sich ganz allgemein zur Toleranz bekennen, aber je näher beispielsweise Homosexualität ins private Umfeld rückt, desto problematischer kann es werden.“ 40 Prozent der heutigen Eltern hätten immer noch ein Problem, wenn ihr Kind gleichgeschlechtliche Partner liebt.

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Vorsichtiger Optimismus & ein Regenbogenhaus

Anerkennung und Toleranz für Minderheiten sind keine Selbstläufer, im weltweit tobenden Kulturkampf schon gar nicht. Wieder ist Kiel leicht optimistisch: „In meiner Arbeit begegne ich jungen aufgeschlossenen Menschen, die im Gegensatz zu meiner Jugendzeit Vorbilder und Informationen im Netz finden.“ Ist das Gendern ein notwendiger Aufklärungsschritt? „Ich bin klar fürs Gendern, aber kein Eiferer. Für mich ist Offenheit wichtiger als eine durchgängige geschlechtergerechte Sprache“, so Kiel.

Wünsche hat er dennoch: „Vielleicht erlebe ich es noch, dass in Halles Innenstadt ein Regenbogenhaus, ein Zentrum für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, entsteht, in dem mehrere Organisationen Platz finden und welches mit seinen Angeboten auf die ganze Region und darüber hinaus ausstrahlt.“ Bis dahin sind Ehrenamtliche, die entsprechend angeleitet werden, bei „lebensart“ immer willkommen.

Verein „lebensart“, Beesener Straße 6 in Halle

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