Lebendige Tradition: Buchhandlung des Waisenhauses

Als Nils Wagner im Jahr 2000 nach Halle kam, hatte er die Leidenschaft fürs gedruckte Wort im Gepäck. Heute ist er Geschäftsführer der drittältesten noch existierenden Buchhandlung Deutschlands, die direkt an den Franckeschen Stiftungen liegt.

Nils Wagner, Jahrgang 1978, steht am Eingang seiner stilvoll eingerichteten Buchhandlung, der Blick fällt auf die altehrwürdigen Franckeschen Stiftungen. Und dann bringt ihn eine Einstiegsfrage zum Lachen. Ja, er kam im Jahr 2000 nach Halle. Und ja, er darf somit wenigstens als ein „halber Halunke“, als ein halber Einheimischer angeredet und zu den Veränderungen der letzten zwei Jahrzehnte befragt werden. Seine Antwort überrascht: „Halle hat sich natürlich in den letzten Jahren verändert, aber die Stadt ist in meiner Wahrnehmung eigentlich gleich geblieben. Ich sah und sehe eine sympathische und lebendige Kulturstadt mit vielen charmanten kleinen Einrichtungen und einem ausgeprägten Studentenleben“, so Nils.

Kein gradliniger Weg

Mit der Leidenschaft fürs gedruckte Wort ist Nils, aufgewachsen in einem kleinen Dorf nahe Magdeburg, an die Saale gekommen, weil „mir Berlin und Leipzig zu groß waren, weil hier in Halle die Geisteswissenschaften stark vertreten sind.“ Damals begann eine kleine Odyssee, deren Orientierungspunkte aber nie verloren gingen: die Texte, die geistige Beschäftigung, die Kraft der fiktionalen Welten. Da gab es das Studium der Philosophie und Germanistik, später folgten eine Ausbildung zum Buchhändler und die Arbeit bei der hiesigen Tageszeitung. „Mein Weg ist nie gradlinig verlaufen, aber die Erfahrungen, die ich sammeln durfte, haben für mich einen großen Wert“, so Nils.

Nils Wagner, Buchhandlung des Waisenhauses Halle (Saale), Literatur, Kultur, Verwirklichen
Büchertisch, Buchhandlung des Waisenhauses Halle (Saale), Literatur, Kultur

Gute Drähte, glückliche Zufälle

Mit den Jahren reifte der Wunsch, Buchhändler zu werden. Die Stadt zu verlassen und andere Wege zu gehen, kam nie infrage: „Dafür wurde ich hier immer wieder aufgefangen, dafür fühle ich mich hier zu wohl.“ Die aufgebauten Netzwerke, Freundschaften und familiären Beziehungen haben Nils zum überzeugten Hallenser gemacht. Eine explosive Mischung aus guten Drähten und glücklichen Zufällen hat dann entscheidend geholfen. Seit 1698 haben die Franckeschen Stiftungen eine anliegende Buchhandlung, Ende 2019 wäre diese Tradition fast gestorben, der Buchladen gab seine Schließung bekannt. Nils blinzelt in die Spätsommersonne und nimmt die gerade eintrudelnde Warenlieferung entgegen: „Auf Umwegen kam dann mein Name ins Spiel.“ Und dann war er Geschäftsführer der neuen Francke-Buchhandlung.

Buchhändler des Vertrauens

Hatte er denn keine Bedenken? Schließlich lassen sich Bücher mit einem schnellen Mausklick im Internet bestellen. Nils erzählt: „Natürlich spielt die Digitalisierung eine große Rolle, aber der geschätzte persönliche Kontakt zum Buchhändler bricht nicht weg.“ Viel geht über Vertrauen, viel geht über die zwischenmenschlichen Möglichkeiten. Es gibt noch viele Menschen, die mit einem realen Ansprechpartner über Bücher sprechen wollen – statt einer beliebigen Rezension im Netz Glauben schenken zu müssen.

Förderung der Literaturszene Halles

„Ich kenne aus meiner langjährigen Hallezeit viele Autorinnen und Autoren, so hat sich der Laden zu einem Ort der Begegnung gemausert, an dem nicht nur diverse Lesungen stattfinden, sondern an dem man dann noch bis tief in die Nacht plaudern kann“, so Nils. Sein Tag ist natürlich länger, als es die Öffnungszeiten anzeigen. Nils entwickelt Veranstaltungsformate, er arbeitet eng mit den Franckeschen Stiftungen, denen ein gemütlicher Treffpunkt erhalten bleibt, zusammen. Zudem muss ein Buchhändler des Vertrauens immer gut informiert sein und den Kontakt zu Autoren aller Art halten. „Eine besondere Motivation ist es, auch die hiesige Literaturszene zu fördern, ihr Auftrittsmöglichkeiten zu geben“, so Nils, der sich auch als jemand sieht, der sein bevorzugtes Stadtbild erhalten möchte: „Was macht eine Stadt interessant und liebenswert? Das sind doch die kleineren Läden, oder?“

Hier könnt ihr selbst stöbern: waisenhaus-buchhandlung.buchkatalog.de

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